Ösophagus-Atresie und tracheo-ösophageale Fistel
Die Ösophagusatresie ist als angeborene Fehlbildung seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Sie ist eine verhältnismäßig häufige Fehlbildung. Sie kommt je nach Autor bei etwa einer von 2500 bzw. 4000 Geburten vor. Das bedeutet, jedes Jahr werden in Deutschland zwischen 200 und 250 Kinder mit einer Ösophagusatresie geboren.
Ihre Ursachen sind nicht bekannt. Es gibt keine Häufung bei einem bestimmten Geschlecht oder einer Bevölkerungsgruppe.
Erst im 20. Jahrhundert wurden Methoden zur erfolgreichen Behandlung entwickelt. Ursprünglich betrug die Sterblichkeitsrate praktisch 100%, heute muss kein Kind mehr wegen der Ösophagusatresie allein sterben. Die Behandlung der Ösophagusatresie stellt aber höchste Ansprüche an den Chirurgen und das in der Folge versorgende ärztliche, pflegerische und therapeutische Team.
Die Mehrzahl dieser Kinder kann keinem Fehlbildungs-Syndrom zugerechnet werden. Die Fehlbildung gilt als nicht vererblich. Sie findet sich aber häufig in Zusammenhang mit einem VACTERL-Syndrom (Syndrom bei dem Fehlbildungen im Bereich der Wirbelkörper (vertebrae=V), des Anus (A), des kardialen Gefäßbaumes (cardiovascular tree=C), der Luftröhre (trachea =T), der Speiseröhre (esophagus=E), des Nierensystems (renal system=R) und der Gliedmaßen (limb=L) zusammentreffen).
Die Ösophagus-Atresie selbst kann in unterschiedlichen Formen auftreten. Die häufigste Form ist jedoch mit etwa 85% die Form bei der der untere Stumpf der Speiseröhre eine Verbindung zur Luftröhre hat (Ösophagus-Atresie mit distaler tracheo-ösophagealer Fistel). Zur Beschreibung der unterschiedlichen Formen der Ösophagusatresie werden verschiedene Klassifikationen benutzt. Die Beschreibung der Ösophagusatresie in anatomischen Begriffen ist dabei die unmissverständlichste. In Deutschland wird häufig die Klassifikation nach Vogt genutzt. Im Ausland, insbesondere im anglo-amerikanischen Bereich die Klassifikation nach Gross.
Chirurgische Therapie
Die Haupt-Ziele der Korrektur sind es, eine eventuell bestehende Fistel zu verschließen und zu durchtrennen sowie im Anschluss die beiden bestehenden Stümpfe der Speiseröhre direkt zu verbinden (End-zu-End-Anastomose). Das kann entweder durch Öffnung des Thorax oder als Thorakoskopie durchgeführt werden. Die Letztere stellt hohe Anforderungen an die chirurgische Ausrüstung und das Team und erfordert eine ausgeprägte Erfahrung bei der Durchführung minimal-invasiver Operations-Prozeduren bei Neugeborenen.
Falls sich während der Operation herausstellt, dass eine Korrektur im ersten Anlauf nicht anzuraten ist, ist es ein gangbarerer Weg die Fistel nach Verschluss zu belassen, eine Gastrostomie anzulegen und eine spätere stufenweise Korrektur zu planen.
Der Schwierigkeitsgrad der Operation steht dabei in direktem Verhältnis zum Ausmaß der Lücke (gap). Was dabei als long-gap (lange Lücke) im Gegensatz zum short-gap (kurze Lücke) betrachtet wird, ist im Augenblick noch eine subjektive Entscheidung des Operateurs.
Das tatsächliche Ausmaß des Abstands der beiden Stümpfe der Speiseröhre wird im Vorfeld der Operation häufig unterschätzt. Deshalb ist es wichtig, die Eltern vor dem Eingriff darüber aufzuklären, dass eine angemessene Einschätzung der Lücke erst beim chirurgischen Eingriff vorgenommen werden kann.
In den Fällen bei denen beide Enden nicht sicher ohne einen hohen Zug zusammengebracht werden können, ist ein stufenweises Vorgehen angebracht.
Durch die Anlage einer Gastrostomie kann dann die orale Ernährung während der Behandlung gesichert werden.
Postoperatives Management
Im Zusammenhang mit dem fast immer auftretenden gastro-ösophagealen Reflux wird unmittelbar mit einer säureblockenden Therapie begonnen.
Der Beginn der Ernährung über den Mund wird verschoben bis eine Kontrast-Darstellung (Breischluck) der Speiseröhre die Dichtigkeit und Haltbarkeit der Anastomose bestätigt. Es gibt keinen optimalen Zeitpunkt für die Durchführung der Kontrast-Darstellung der Speiseröhre. Manche Autoren empfehlen sie zwischen dem fünften und siebten postoperativen Tag.
Sobald die Kontrast-Darstellung ein Leck ausschließt wird mit der Nahrungsgabe über den Mund begonnen.